(Pirmasens). Eine bessere Bezahlung, eine höhere Wertschätzung und günstigere Arbeitsbedingungen. Diese Forderungen stellte Dunja Maurer, Personalratsvorsitzende der Stadt Pirmasens und Vorsitzende des Landesfachbereichs B der Gewerkschaft Verdi, bei der Veranstaltung „Frauen verdienen mehr! Im Fokus Hauswirtschafterinnen und Reinigungskräfte“. Dazu hatte der Arbeitskreis Frauen und Erwerbsarbeit für Dienstagabend in die Familienbildungsstätte Pirmasens eingeladen.
Die Gebäudereinigung zählt in Deutschland 873.000 Beschäftigte, die einen Umsatz von rund 16 Milliarden Euro erwirtschaften, wie Dunja Maurer festhielt. In der Branche arbeiten rund 70 Prozent Frauen, die meisten in Teilzeit. Auch bei der Stadt Pirmasens sind 80 bis 90 Reinigungskräfte – darunter ein Mann - in Lohn und Brot. Diese sind in der niedrigsten Lohnstufe eingruppiert, würden bei Vollzeit 2000 bis 2300 Euro brutto verdienen. Straßenreiniger indes – in Pirmasens sind es ausschließlich Männer – erhalten 2400 bis 3000 Euro brutto. Warum diese Differenz? Maurer hatte keine Antwort. Niedrige Löhne bedeuten nebenbei niedrige Renten. Altersarmut ist programmiert.
Zu der schlechten Bezahlung kommen die nicht weniger guten Arbeitsbedingungen. Die Referentin nannte die chemischen Arbeitsstoffe, Rutsch- und Sturzgefahr, die hohe psychische Belastung wegen der stupiden, eingeschränkten Tätigkeit sowie die Arbeitszeiten spät am Abend oder früh am Morgen. Maurer: „So bleiben die Reinigungskräfte unsichtbar – im wahrsten Sinne des Wortes.“
Dass diese Sparte ebenfalls vom Fachkräftemangel betroffen ist, vergaß Dunja Maurer nicht zu erwähnen. Gleichzeitig müsse die Stadt sparen, also Stunden kürzen. Was tun? Zum ersten schlug sie vor, Gebäude zu normalen, sprich arbeitnehmerfreundlicheren Zeiten zu reinigen. Eine Win-Win-Situation: „Da sind die Leute nicht nur leistungsfähiger, sondern werden auch wahrgenommen.“ Mit leisen Geräten und anderen Duftstoffen ließen sich Lärm- und Geruchsbelästigungen reduzieren, sodass die Angestellten nicht stark gestört würden. Zum zweiten sind an den Pirmasenser Schulen Lehrkräfte und Schüler gefordert. Sie stellen nicht nur nach Unterrichtsende die Stühle hoch, sondern versuchen, Abfall korrekt zu entsorgen.
In der Gebäudereinigung kommt – wie in anderen Branchen – zusehends die Digitalisierung zum Zuge. Dunja Maurer wusste von Reinigungsrobotern, die derzeit allerdings nur in hindernisfreien Hallen einzusetzen sind, sowie von Drohnen, die Fenster putzen. Ob eine Datenbrille, die der Reinigungskraft vorgibt, was zu tun ist, hilfreich sei, zog sie in Zweifel.
Ein abwechslungsreiches, umfassendes Betätigungsfeld haben Hauswirtschafterinnen. Nach einer dreijährigen Ausbildung seien sie vornehmlich in größeren Haushalten, sozialen Einrichtungen, Schulen und Kitas beschäftigt, legte Maurer dar. Zuständig sind sie für Verpflegung, Einkäufe, Textil- und Pflanzenpflege und Hygiene. Bei der Stadt Pirmasens sind 21 Frauen angestellt, die zwischen 14,5 und 35 Stunden arbeiten. Trotz gleichwertiger Ausbildung, kritisierte die Gewerkschafterin, verdienten Hauswirtschafterinnen weniger als die Handwerker, welche die Stadt beschäftigt. „Es wird Zeit, dass dieser Beruf aufgewertet und endlich besser bezahlt wird“, unterstrich Dunja Maurer.
Speisepläne erstellen, Lebensmittel kaufen, Bestellungen aufnehmen. Andrea Roos, Hauswirtschafterin in der Kita Wittelsbach, bestätigte Maurers Angaben. In der Talkrunde zeichnete sie ein eindrückliches Bild ihres Berufs. Sie liebe ihn, gab sie zu, wenngleich die Bezahlung höher sein dürfte.
Zwar sei das Interesse an den Tätigkeiten groß, aber den Beruf ergreifen wolle zumindest in ihrer Klasse niemand, wusste Lehrerin Carina Wagner, selbst gelernte Hauswirtschafterin. Da helfe auch nichts, auf die Vorzüge und mögliche Karriereschritte hinzuweisen.
Irene Klassen, die vier Firmen in der Gebäudereinigung betreibt, beleuchtete die Branche aus Unternehmenssicht. Preis- und Zeitdruck sowie Arbeitskräftemangel treiben ihr Sorgenfalten auf die Stirn. Ausdrücklich betonte sie, dass ihre 900 Beschäftigten, „die wir selbst ausbilden“, Tariflohn bekämen. Dahinter stehe auch der Betriebsrat. Sie räumte ein, dass das Image der Reinigungskräfte nicht sehr gut sei, obwohl die Ansprüche und Anforderungen immer weiter stiegen.
Das Thema setzte humorig und launig, einfach gekonnt, das Duo Pezzicato, Felizitas und Annette Peetz, um. Im Anschluss hatten die Besucherinnen Gelegenheit, sich bei Snacks und Getränken auszutauschen.
Die Veranstaltung, Teil der Reihe Abendbrot in Rot, ist ein Kooperationsprojekt des Bistums Speyer, der Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft, des DGB – Region Pfalz, der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Südwestpfalz und der Stadt Pirmasens, der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd), des protestantischen Kirchenbezirks Pirmasens, des Landfrauenverbands Pfalz und der Katholischen Familienbildungsstätte Pirmasens. Vertreterinnen der jeweiligen Organisation zogen symbolhaft zu Beginn an einem Strang.